Zuhören ist wahrlich eine hohe Kunst…
Zuhören ist wahrlich eine hohe Kunst…
Die amerikanische Psychologin Madelyn Burley-Allen weist ausdrücklich darauf hin, dass „Hören“ (hearing) und „Zuhören“ (listening) nicht denselben Prozess beschreiben. Dieser Hinweis ist im Deutschen noch wichtiger, da wir ja (fast) dasselbe Wort verwenden. Ebenfalls hilfreich ist ihre Unterteilung in drei verschiedene Ebenen des Zuhörens, wobei hier von „unten“ nach „oben“ gedacht wird; professionelles Zuhören ist natürlich die oberste Ebene.
Ebene 1:Nur hören (hinhören), ohne wirklich wahrnehmen, was uns tatsächlich gesagt wird.
Ebene 2: Halbes Zuhören, ohne wirkliches mitdenken. Etwaige Vorurteile und Werturteile werden das Gehörte sofort einfärben und spontane Abwehrreaktionen auslösen.
Ebene 3: Richtiges Zuhören, mitdenken und mitfühlen. Wirklich sämtliche Antenne „ausfahren“, um herauszuhören, was der andere denkt (und was er meinen könnte). Intelligente Rückfragen etablieren den Standpunkt des Sprechers (nicht den eigenen!). Hohe Toleranz gegebener, abweichender Meinungen!
Fragen Sie sich bereits zu Anfang eines Gespräches:
1. Wie wichtig ist mir die Person (Auf welcher Ebene bin ich bereit, ihm oder ihr zuzuhören?)
2. Was habe ich davon, wenn ich dieser Person meine (ungeteilte) Aufmerksamkeit schenke? (Wenn es sich lohnt, dann muss ich auch bei Aspekten, die mir weniger gefallen, höflich und aufmerksam bleiben.)
Machen Sie sich regelmäßig klar: Jedes „schwierige“ Gespräch kann immer wie ein kostenloses Kommunikations-Training gesehen werden. Dieser Gedanke ist sehr hilfreich. Denn: Je professioneller Sie zuhören, desto besser ist es letztlich für Sie.
Oft hören wir gar nicht zu, weil wir beispielsweise selber Probleme haben oder weil unser Wertesystem sich von dem des anderen stark unterscheidet, was uns so kritisch machen kann, dass wir ihn verurteilen und verachten. Und „so jemandem“ hören wir doch wohl kaum aufmerksam zu, oder?
Versuchen wir manchmal, uns zu zwingen, dem anderen wirklich zuzuhören, ihm z.B. zehn Minuten aufrichtigen Zuhörens zu schenken, ohne ihn zu unterbrechen. Wir werden uns wundern, was wir so alles erfahren können.
Quelle: Vera Birkenbihl